JAHRESKREIS
24. WOCHE - SAMSTAG
9
CHRISTUS
SÄT DEN GUTEN SAMEN
Unser
Herz soll gutes Erdreich sein.
Hindernisse für das Wachsen des Samens.
Drei Merkmale.
I. Wir
betrachten, wie Jesus von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf wanderte und das
Evangelium verkündete.
Als die
Leute aus allen Städten zusammenströmten und sich viele Menschen um Jesus
versammelten, erzählte er ihnen
das Gleichnis vom Sämann:
Ein
Sämann ging aufs Feld, um seinen Samen auszusäen.
Wir denken an Christus, der - damals wie heute - den Samen sät, der Frucht
bringt oder auch verdorrt, je nach der Beschaffenheit des Erdbodens, nach der
Aufnahmewilligkeit des jeweiligen Menschen. Den meisten Zuhörern Jesu war die
Arbeit des Sämanns, der seine Ernte einem Boden abringen muß, der jeden
Augenblick wieder zu Wüste werden kann, wohl vertraut.
Auch dies
- die Freude über die reiche Ernte wie die Enttäuschung über den kärglichen
Ertrag - gehört zum Hintergrund des Gleichnisses:
Als er säte, fiel ein Teil der Körner
auf den Weg; sie wurden zertreten und die Vögel des Himmels fraßen sie.
Der Samen brachte keine Frucht. Wenn der Herr später seinen Jüngern das
Gleichnis erklärt, gibt er den Grund dafür an: es handelt sich um Menschen,
die das Wort
zwar hören, denen es aber der Teufel dann aus dem Herzen reißt.
Die Herzenshärte macht diese Menschen unfähig, ihre Sünden zu bereuen und den
göttlichen Samen aufzunehmen. Gregor der Große sieht darin »das Herz, das von
ständig aufkreuzenden bösen Gedanken festgetreten wird, so daß es
undurchdringlich ist für den Samen, der nicht aufkeimen kann.«2
Im
Gegensatz dazu steht ein Herz, das sich, der eigenen Hinfälligkeit bewußt, immer
wieder zur Reue aufrafft, die Gelegenheiten zu sündigen meidet und bereit ist,
so oft wie nötig neu zu beginnen. »Dir ist eine enge Vertrautheit mit Gott
geschenkt worden, mit unserem Herrn, der nahe bei dir ist und im Innersten
deiner Seele wohnt. Setzt du aber alles daran, daß diese Vertrautheit wächst und
immer tiefer wird? Meidest du die kleinen Treulosigkeiten, die die Freundschaft
verletzen könnten?
Habe Mut!
Weigere dich nicht, alles von dir abzustreifen, was den, der dich liebt, auch
nur im geringsten schmerzen könnte.«3
Denn es
kann sein, daß wir uns manchmal weigern, auf die Eingebungen des Herrn
einzugehen. »So leicht kommen wir von diesem Evangelium nicht los, daß wir
einfach fein säuberlich einteilen: Wir sind die, die auf Gottes Seite stehen,
und >die anderen< sind jene, die sein Wort nicht vorankommen lassen. Wer sind
denn diese >anderen<? Wir werden uns ganz redlich fragen müssen, ob wir nicht zu
einem guten Stück auch selbst dazu gehören. Wir werden uns überlegen müssen, ob
wir nicht vielleicht selber unter denen sind, von denen Jesus sagt, daß sie ohne
Tiefe sind, daß sie dem Felsen gleichen, der keine Wurzeln wachsen läßt.«4
II.
Ein anderer Teil
fiel auf Felsen, und als die Saat aufging, verdorrte sie, weil es ihr an
Feuchtigkeit fehlte. Dies sind jene, die das Wort freudig aufnehmen, wenn sie es
hören; aber sie haben keine Wurzeln: Eine Zeitlang glauben sie, doch in der Zeit
der Prüfung werden sie abtrünnig. Viele gründen ihre Nachfolge auf
sentimentale Empfindungen, auf eine Art »Witterung« für die Bedürfnisse des
Augenblicks, und nicht auf ein kontinuierliches Gebetsleben. Es sind jene, »die
Jesus Windfahnen nennt, die nicht stehen können, sondern sich einfach vom Strom
der Zeit dahintreiben lassen, die dem >Man< ausgeliefert sind, der Masse; die
immer nur fragen, was >man< tut, was >man< sagt und meint und die nie die Hoheit
der Wahrheit erkannt haben, deretwegen es lohnt, gegen das >Man< zu stehen«5
Argwohn und Widerspruch von draußen oder Schwierigkeiten im Inneren lassen sie
aufgeben, weil sie eigentlich nicht Christus suchen, sondern nur die eigene
Bequemlichkeit. Der heilige Augustinus schreibt: »Die einen wegen dieses, die
anderen wegen jenes (...), tatsächlich sucht kaum einer Jesus um Jesu willen.«6
Nur wenn wir unserem täglichen Beten treu sind, wird es uns gelingen, »Jesus um
Jesu willen« zu suchen, mag der Weg steil oder leicht sein.
Wieder
ein anderer Teil fiel mitten in die Dornen, und die Dornen wuchsen zusammen mit
der Saat hoch und erstickten sie.
Wer ist damit gemeint? Es sind jene,
die das
Wort zwar hören, dann aber weggehen und in den Sorgen, dem Reichtum und den
Genüssen des Lebens ersticken, deren Frucht also nicht reift.
Es sind jene, »die auf der Wellenlänge Gottes gar keinen Empfang mehr haben,
weil der Lärm der Welt zu laut geworden ist, als daß sie noch durchhören könnten
auf das Ewige, das in der Stille spricht; die im Lärm der Zeit kein Ohr mehr
haben für Gottes Ewigkeit.«7 Deshalb ist es so wichtig, das Gespür für die
Notwendigkeit der Askese wachzuhalten und in kleinen Uberwindungen zu
konkretisieren. Verzichten können hält frei von Zwängen und Abhängigkeiten, die
den Geschmack am Göttlichen nach und nach schal werden lassen.
»Gebet -
das ist die einzige Regel, die einzige Methode, die einzige Art und Weise, wie
wir ein Leben reich an übernatürlichen Früchten, ein Leben in geistlicher Fülle
haben können. Es gilt, dem Rat des Heiligen Geistes zu folgen, wie er in der
Apostelgeschichte berichtet wird: >Omnes erant perseverantes unanimiter in
oratione< - sie alle verharrten einmütig im Gebet. Ohne Gebet bleibt alles
vergeblich.«9 Gebet und Opfer - Verzicht - lassen die Seele zum"guten Erdreich
werden, bereit, den Samen aufzunehmen und Frucht zu bringen.
III.
Auf guten Boden
ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort mit gutem und aufrichtigem Herzen
hören, daran festhalten und durch ihre Ausdauer Frucht bringen.
Johannes Chrysostomos schreibt: »Nachdem im Gleichnis von den Umständen die Rede
war, die den Samen unfruchtbar werden lassen, ist dann am Schluß vom guten
Erdboden die Rede. Auf diese Weise breitet sich nicht Mutlosigkeit aus, vielmehr
bahnt sich ein Weg der Hoffnung, indem gezeigt wird, daß jeder zum guten
Erdboden werden kann.«9 Jeder von uns kann Frucht bringen, denn der Herr sät in
uns fortwährend den Samen seiner Gnade aus. Entscheidend ist, daß wir - mit
seiner Hilfe - den Boden aufbereiten. »= 9 Jeder von uns kann Frucht bringen,
denn der Herr sät in uns fortwährend den Samen seiner Gnade aus. Entscheidend
ist, daß wir - mit seiner Hilfe - den Boden aufbereiten. Wichtig ist nur« sagt
der heilige Augustinus, »daß wir weder Straße, noch Felsen, noch Dornen sind,
sondern ein guter Erdboden.«10
Aus den
Worten des Herrn können wir drei Eigenschaften, die einen guten Erdboden
ausmachen, erschließen: das Herz soll hören - sich demütig den göttlichen
Eingebungen öffnen; es soll am gehörten Wort festhalten - Gebet und Entsagung
formen und festigen die Seele, damit die Zeit es nicht verweht; es soll
ausdauernd und geduldig sein - weder das Gefühl der Hilflosigkeit noch
Niederlagen noch Enttäuschungen sollen ihm den Schwung des Anfangs nehmen.
Jesu Wort
von der Ausdauer krönt das Gleichnis. Die Jünger werden später erfahren, daß
dieses Wort nicht nur für das Wachsen des Samens im eigenen Herzen, sondern
ebenso für sein Wachsen in der Welt gilt. »Mit diesem Hinweis will Jesus sagen:
Alle wahrhaft fruchtbaren Dinge beginnen in dieser Welt im Geringen und im
Verborgenen. Und Gott selber hat sich mit seinem Werk in der Welt diesem Gesetz
angepaßt. Gott selbst tritt in dieser Weltenzeit inkognito auf, in der Gestalt
der Armseligkeit, der Ohnmacht. Und die Wirklichkeiten Gottes - die Wahrheit,
die Gerechtigkeit, die Liebe - sind geringe, getretene Wirklichkeiten in dieser
Welt. Dennoch überleben sie, wenn das Lautstarke, das mächtig sich Gebärdende,
längst verfallen und vergessen ist. So will Jesus mit seinem Gleichnis den
Jüngern sagen: Das Geringe, das hier in meiner Predigt beginnt, wird noch immer
wachsen, wenn das, was heute sich groß gebärdet, einmal längst versunken ist.«11
Wir
schließen unser Gebet mit der Bitte an Maria, sie möge uns helfen, demütige,
ausdauernde Empfänger des Wortes ihres Sohnes zu sein.
8,4-15. -
Gregor der Große,
Homilien
über die Evangelien.
-
J.Escrivá,
Im Feuer
der Schmiede,
Nr.417. -
J.Kard.Ratzinger,
Diener
eurer Freude,
Freiburg 1988, S.19. -
ebd., S.19. -
Augustinus,
Vorträge
über das Johannesevangelium,
25,10. -
J.Kard.Ratzinger,
Diener
eurer Freude,
Freiburg 1988, S.19. -
J.Escrivá,
Im Feuer
der Schmiede,
Nr.297. -
Johannes Chrysostomos,
Homilien
über das Matthäusevangelium,
44. -
Augustinus,
Predigt
101,
3. -
J.Kard.Ratzinger,
Diener
eurer Freude,
Freiburg 1988, S.15.