Spanisch Deutsch Portugiesisch ---- Portugiesisch Portugiesisch Portugiesisch Portugiesisch Portugiesisch Portugiesisch Portugiesisch Portugiesisch
Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
6. WOCHE - FREITAG

50

der weg der DEMUT

Auf Demut bauen.

Der Götze Ich.

Demut und Dienstbereitschaft lernen.

 

1 hören wir vom Turmbau zu Babel. Gedacht als Symbol der Einheit des Menschengeschlechtes, scheiterte das Werk; und die Menschen fanden sich »am Ende zerstreuter vor als am Anfang, verwirrt in der Sprache, untereinander gespalten, unfähig zu Übereinstimmung und Gemeinsamkeit.«2 Warum mühten sich die Erbauer vergebens? »Weil die Menschen zum Zeichen und zur Garantie der ersehnten Einheit nur ein Werk ihrer eigenen Hände gemacht und das Wirken Gottes vergessen hatten. Sie hatten allein auf die horizontale Dimension der Arbeit und des gesellschaftlichen Lebens gesetzt, ohne jene vertikale Dimension zu beachten, durch die sie in Gott, ihrem Schöpfer und Herrn, ihre Verwurzelung gefunden und sich auf ihn als das letzte Ziel ihres Weges ausgerichtet hätten.«3

stark und mächtig zu sein ohne Gott, wenn nicht sogar gegen Gott. (...) In der Geschichte von Babel erscheint der Ausschluß Gottes nicht so sehr als bewußter Gegensatz zu ihm, sondern als Vergessenheit und Gleichgültigkeit ihm gegenüber, als ob man sich bei dem geplanten gemeinschaftlichen Handeln des Menschen um Gott nicht zu kümmern brauche.«4

Gott ist Ursprung und Ziel unseres Lebens; deshalb kann ein Leben, das diese Wirklichkeit ignoriert, nicht gelingen. Andererseits ist diese Tendenz in unserer von der Erbsünde verwundeten Natur allgegenwärtig. Es ist die verhängnisvolle Einflüsterung des Anfangs: ihr werdet wie Gott5. Dieser überhebliche Stolz kann in eine »bis zur Verachtung Gottes gesteigerte Selbstliebe.« führen.6

Wer sich nur auf seine eigenen Kräfte verläßt, wird unfähig, um Hilfe zu bitten, zu danken. Er steht allein da, schwach, auch wenn er sich für stark und zu großen Werken fähig hält. Und da es ihm schwerfällt, um Rat zu fragen, überschätzt er sich leicht und begibt sich in Situationen, die das Heil seiner Seele in Gefahr bringen.

Der Hochmut ist nicht nur der schlimmste Feind der Heiligkeit, sondern auch der ärgste Feind des menschlichen Zusammenlebens. Er ist wie ein um sich greifendes Übel, das alles vergiftet: den häuslichen Frieden, Freundschaften, die Stimmung am Arbeitsplatz. Da der Hochmütige meint, besser als die anderen zu sein, drängt es ihn nach stetiger Anerkennung, und er reagiert unverhältnismäßig empfindlich oder scharf auf jede Kleinigkeit, denn überall wittert er einen Angriff auf sich. Im Gespräch belehrend oder hochfahrend, spart er nicht mit spöttischen Bemerkungen, um auf Kosten anderer zu glänzen.

Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade, heißt es im Jakobusbrief. Bitten wir den Herrn, er möge uns immer wieder aufrütteln, damit wir den subtilen Einflüsterungen des Hochmuts widerstehen. »Um Christus nachzufolgen, um ihm wirklich nahe zu sein, müssen wir in Demut unser Ich niedertreten, wie man die Weintrauben in der Kelter zertritt.

Wenn wir so unser Elend - denn Elend sind wir - zerstampfen, dann hält der Herr Einzug in unsere Seele und macht sie zu seinem Zuhause. Wie in Betanien spricht er mit uns und wir mit dem Herrn, voll Vertrauen, als Freunde.«8

 

II. »Das Verlangen nach Gott ist dem Menschen ins Herz geschrieben, denn der Mensch ist von Gott und für Gott geschaffen.«9 Dennoch ist in ihm auch ein anderes Gesetz, das ihn gefangenhält im Gesetz der Sünde«10: der Stolz, der Hochmut, der widergöttliche Trotz. Statt »in Ehrfurcht und absoluter Unterwerfung die >Nichtigkeit des Geschöpfs< anzuerkennen, welches einzig Gott sein Dasein verdankt«11, betet der Mensch sich selbst an, nur noch dem Motto verpflichtet: »Genieße den Tag« gefangen im steten Wechsel von Begierde und Stimmung: »Welches ist wohl das Wort, das die Menschen heute am meisten über ihre Lippen führen? Welches Wort bestimmt am stärksten das Denken und Tun des Menschen? Es ist das kleine Wörtchen: Ich! Was habe ich davon? Was nützt mir das? Was geht das mich an? So fragen wir. Die Ichbezogenheit des Menschen beherrscht das private und öffentliche Leben. Ist nicht >Selbstverwirklichung< ein besonders oft wiederkehrendes und sehr beliebtes Wort unserer Tage? Ich möchte vor allem zu mir kommen, mich selbst entfalten.«13

Dann gibt es kaum noch Platz für eine dankbare oder hochherzige Geste, für das »Sich-Ausstrecken des Geistes auf Großes«14 An die Stelle selbstlosen Sich-Schenkens tritt die Berechnung, Geben gerät unter das Kalkül des Vorteils. jemand hat diese Haltung so karikiert: »= 13. An die Stelle selbstlosen Sich-Schenkens tritt die Berechnung, Geben gerät unter das Kalkül des Vorteils. Jemand hat diese Haltung so karikiert: Wenn man dir gibt, nimm; wenn man dir nimmt, schrei.«

In der Heiligen Schrift heißt es: Gott stürzt den Thron der Stolzen und setzt an ihre Stelle die Demütigen14. Der Hochmut steht nicht nur an der Wurzel jeder Bosheit, sondern ist die letzte Ursache jeder Sünde. Das Vergöttern des eigenen Ich führt leicht zur Menschenverachtung.

»Der Hochmut ist die schlimmste Sünde, und die lächerlichste dazu. Wer sich von seinem raffinierten Blendwerk verhexen läßt, gerät mehr und mehr in eine Scheinwelt, wird innerlich leer und aufgeblasen wie der Frosch in der Fabel, der immer mehr Luft in sich hineinpumpt, bis er schließlich platzt. Auch in rein menschlicher Hinsicht ist der Hochmut abstoßend, denn wer sich über alles und über jeden erhaben dünkt, schaut ständig auf sich selbst und mißachtet die anderen.«15 Mit der Gnade Gottes ist es möglich, gegen diese Neigungen anzugehen, immer nur sich selbst zu suchen oder in den anderen nur sich selbst zu spiegeln. Solche Wachsamkeit bedeutet, Phantasien beiseite zu lassen, in denen alles um uns kreist, geringschätzige Bemerkungen über andere zu unterlassen, nicht immer das letzte Wort haben zu wollen und fähig zu werden, über uns selbst lachen zu können.

Wie anziehend ist die Demut. Auch wenn nicht die Haupttugend, ist sie doch der Schlüssel, der uns alle Gnadenschätze öffnet. Auf ihrem Boden wachsen viele Früchte: Freude, Starkmut, Keuschheit, Einfachheit, Liebenswürdigkeit, Dienstbereitschaft. Wer - bei all seinen Fehlern - um Demut kämpft, wird besonders freundschaftsfähig, das Apostolat fällt ihm leicht.

»Wenn wir bis auf den Grund unseres Herzens hinuntertauchen, dann entdecken wir am Ende dort nicht die Demut, sondern den Stolz. Doch gerade diese Entdeckung, daß wir an unserer Wurzel stolz sind, und zwar aus eigener Schuld, nicht durch die Schuld Gottes, denn wir sind durch den Mißbrauch unserer Freiheit so geworden, gerade diese Entdeckung bedeutet Demut, denn es ist die Wahrheit. Das durch das Wort Gottes erkannt oder auch nur von ferne geahnt zu haben ist eine große Gnade. Es gibt uns einen großen inneren Frieden. Es geht uns wie einem, der in Kriegszeiten entdeckt hat, daß er unter seinem eigenen Haus, ohne daß er nach draußen gehen müßte, eine absolut sichere Zuflucht gegen den Bombenhagel besitzt.«16

 

III. Um in der Demut zu wachsen, ist es zuerst nötig, die eigenen Erbärmlichkeiten zu akzeptieren. Sie zeigen uns, daß es uns nicht gelingt, so zu sein, wie wir - aufrichtig, aber eben schwach und armselig - gern sein möchten. Dies könnte zum Ärger über sich selbst führen - Ärger darüber, daß man doch nicht so vollkommen ist. Hier gilt die goldene Regel, sich von den eigenen Erbärmlichkeiten nicht unterkriegen zu lassen, sondern sie in Reue zu verwandeln und sich zu fragen: »Habe ich dem Herrn den Schmerz über die Beleidigungen, die ich ihm - so oft! - zufügte, als Sühne aufgeopfert? Habe ich ihm auch meine innere Beschämung aufgeopfert, die ich demütig und meines schmählichen Vergehens bewußt, darüber empfinde, daß ich auf dem Weg des wirklichen Christseins nur so unendlich langsam vorankomme?«17

Ein weiterer Weg zur Demut ist das geduldige Tragen der Demütigungen, die man uns - bewußt oder unbewußt - zufügt. Manche würden wir nicht einmal als Demütigung empfinden, wenn wir von den eigenen Vorzügen nicht so eingenommen wären.

Auch der Mut, uns zu berichtigen, wo wir uns - vielleicht aus mangelnder Information oder Überlegung - geirrt haben, gehört zur Demut. Auch die tief empfundene Bereitschaft zum Dienen festigt sie: Ich habe euch ein Beispiel gegeben, sagt der Herr, nachdem er seinen Jüngern die Füße gewaschen hat, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe18.

Der Herr gibt uns eine hieb- und stichfeste Regel an die Hand, um in der Dienstbereitschaft zu wachsen: Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen!19 Die eigene Erfahrung ist - wie so oft - ein guter Ratgeber. Übertragen wir sie auf Tun und Lassen gegenüber unseren Nächsten. Wie dankbar sind wir für ein ermunterndes Wort nach einer Enttäuschung, für eine verständnisvolle Bemerkung nach viel Mühe und wenig Erfolg. Wir wünschen uns ein aufmerksames Wort für ein gelungenes Werk, Beiläufigkeit gegenüber einer Schwäche, die wir ohnehin schon kennen. Wir freuen uns, wenn zu Hause oder am Arbeitsplatz ein freundlicher Umgangston herrscht oder wenn man uns fordert, ohne uns unter Druck zu setzen. Wir sind dankbar, wenn wir erfahren, daß jemand uns vor unberechtigter Kritik in Schutz genommen hat; wenn wir uns nicht gut fühlen und jemand es verständnisvoll akzeptiert; wenn jemand uns wegen eines falschen Verhaltens zurechtweist, ohne uns bloßzustellen.

Selbstsucht macht blind und unfähig, die Welt mit den Augen der anderen zu sehen; Demut dagegen macht bereit für die Nächstenliebe. Hellsichtige Demut und unauffällige Dienstbereitschaft sind Äußerungen einer Liebe, die - so wie steter Tropfen den Stein höhlt - Dünkel und Gleichgültigkeit zu durchbrechen vermag. »Liebe bringt Liebe hervor« sagte Theresia von Avila20. Und Johannes vom Kreuz gibt den Rat: »Säe Liebe, wo es keine Liebe gibt, und du wirst Liebe ernten.«21

Lernen wir von Maria: »>Quia respexit humilitatem ancillae suae< - denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er herabgeschaut.

Jeden Tag bin ich tiefer davon überzeugt, daß die echte Demut die übernatürliche Grundlage aller Tugenden ist! Sprich darüber mit Unserer Lieben Frau, damit sie uns beisteht, diesen Weg zu gehen.«22

 

Gen 11,1-9. - 2 Johannes Paul II., Apost. Schreiben Reconciliatio et paenitentia, 2.12.1984, 13. - 3 ebd. - 4 ebd., 14. - 5 Gen 3,5. - 6 Augustinus, Gottesstaat, 14,28. - 7 Jak 4,6. - 8 J. Escrivá, Der Kreuzweg, VII,5. - 9 Katechismus der Katholischen Kirche, 27. - 10 Röm 7,23. - 11 Katechismus der Katholischen Kirche, 2097. - 12 Johannes Paul II., Ansprache in Kevelaer, 2.5.1987. - 13 Thomas von Aquin, Summa theologica, II-II, q.129, a.1. - 14 Sir 10,14. - 15 J. Escrivá, Freunde Gottes, 100. - 16 R. Cantalamessa, Das Leben in Christus, Graz 1990, S.249. - 17 J. Escrivá, Im Feuer der Schmiede, Nr.153. - 18 Joh 13,15. - 19 Mt 7,12. - 20 Theresia von Avila, Leben, 22,14. - 21 Johannes vom Kreuz, Brief an Maria von der Menschwerdung. - 22 J. Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr.289.

* Editions Wort (Inhaber von Urheberrechten) hat uns ermächtigt, tägliche Meditation auf bestimmte Benutzer zum persönlichen Gebrauch zu verbreiten, und wollen nicht ihre Verteilung durch Fotokopieren oder andere Formen der Distribution.