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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
18. WOCHE - DONNERSTAG

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DU BIST DER CHRISTUS

Eine Frage des Menschensohnes.
Das erste Bekenntnis aus dem Glauben.
Christus, Mitte des Glaubens.

I. Es geschah bei Cäsarea Philippi1, im Quellgebiet des Jordan am südlichen Abhang des schneebedeckten Hermon. Jesus hatte das jüdische Gebiet verlassen, um sich in einer überwiegend von Heiden bewohnten Gegend seinen Jüngern zu widmen. Das Evangelium sagt uns nicht, wie dies geschah. Wir dürfen aber annehmen, daß sich Jesus ihnen ganz konkret und sehr persönlich zuwandte. Eher als allgemeingültige Gleichnisse werden es sehr persönliche Belehrungen gewesen sein, abgestimmt auf den spezifischen Charakter jedes einzelnen Jüngers. Es galt, aus dem Vertrauen zu ihm Glauben werden zu lassen. Hier muß es gewesen sein, als Jesus sie fragte: Für wen halten die Leute den Menschensohn? »Jesus fragt nicht: Für wen halten die Leute mich? Anstelle einer normalen Frageformulierung, wie sie üblicherweise verwendet wird, wählt er eine schwerwiegende und fast feierliche Ausdrucksweise. Seine Frage nach dem >Meinen< und >Dafürhalten< anderer, seiner Landsleute, über ihn enthält zugleich schon eine entscheidende Selbstbezeugung als Antwort. In aller Regel spricht Jesus von Nazaret, Mensch unter Menschen, ein Israelit, ein Untertan im Imperium Romanum, wie Menschen eben sprechen: in der Ich-Form. (...) Dennoch findet sich daneben in den Evangelien auch die gleichsam distanzierende, >offiziöse< Redeweise, die das Ich-Subjekt in die überpersönliche Objektivität des >er< rückt. (...) Jesus hat sich nach den drei ersten Evangelien rund siebzigmal, nach Johannes zwölfmal als >Menschensohn< bezeichnet. Das heißt als >der Mensch< schlechthin, als der Mensch, den Gott will und vorgesehen hat, der aber nur werden kann dadurch, daß ihn die zweite Person des Dreifaltigen Gottes, ihre göttliche Natur seiner menschlichen verbindend, zum Bruder macht.«2

Die Jünger berichten, was sie von den Leuten über Jesus gehört haben: Die einen halten ihn für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. Auch heute gibt es Interesse für Jesus von Nazaret, selbst unter Nichtchristen und Ungläubigen. »Von vielen Seiten schlägt dem Menschen Jesus heute Sympathie entgegen. Er gilt vielen als >Bruder<, als >Mensch wie du und ich<. Andere blicken deshalb zu ihm auf, weil er ganz anders als die Menschen der bürgerlichen Gesellschaft lebte: ohne Streben nach Gewinn und frei von Leistungsdruck, mit Verachtung der Großen und mit Neigung zu den Kleinen.

Aber ist dies das Bild des wahren, ganzen Jesus Christus, an dem der christliche Glaube festhält? Der Christ wird die Sympathiekundgebungen der Gegenwart für den Menschen Jesus nicht geringschätzen; denn sie bieten eine Chance für das Gespräch über den wahren Jesus Christus. Aber er wird sich auch fragen, ob diese menschlichen Jesusbilder nicht nur Projektionen der Bedürfnisse und Sehnsüchte unserer Zeit sind.

Die kritische Einstellung, die hinter dieser Frage steht, kann dem Christen den Blick dafür öffnen, daß das Christusbild, auf das sich die Menschen vielfach berufen, heute vieldeutig und unklar geworden ist. Wird mit ihm wirklich der Christus des Glaubens getroffen? Bei aller >guten Presse<, die der Name Jesu heute hat, läßt sich nicht übersehen, daß der >Grund des Glaubens<, den Christus bildet, für viele schwankend geworden ist und in der Pluralität der subjektiven Meinungen zu bröckeln beginnt.«3

Die Art, wie Jesus fragt, setzt voraus, daß die Seinen inzwischen anders über ihn denken als all die Zuhörer, die zwar eine hohe Meinung von ihm haben, jedoch im Grunde nicht wissen, wer er ist: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Diese Frage ist zeitlos und erreicht jeden Menschen in seiner Lebensspanne und in seiner konkreten Situation. Petrus antwortete für sich selbst, aber auch für die Zwölf und für jeden, der sich zu Christus bekennt: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!

II. Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes! Es ist ein »Bekenntnis, das erstmals in der Weltgeschichte, in der Heilsgeschichte die Einheit von >Menschensohn< und >Gottessohn< vom glaubenden Menschen her erkannte und aussprach. Ein ungeheures Ereignis der Menschheitsgeschichte! Der Fischer Simon aus Galiläa ermißt zwar noch nicht die Tiefe und die Folgen seines Bekenntnisses, doch er wirft seinen grenzenlosen Glauben weit über seinen begrenzten Verstand hinaus.«4 Die Antwort des Herrn verdeutlicht, daß die Worte des Petrus mehr sind als eine kluge menschliche Einsicht: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel.

Auch heute gibt es unterschiedliche Ansichten über Jesus, seine Person und seine Sendung. Wir bekennen, daß er unser Herr und Gott ist, die »Mitte des Kosmos und der Geschichte«5. »Gottes eingeborener Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott«6.

Um die Person Jesu ist etwas Geheimnisvolles, vergleicht man sein Auftreten mit dem der alttestamentlichen Propheten. Jesus spricht bezeichnenderweise niemals von seiner Berufung durch Gott und berichtet von sich kein Berufungserlebnis, wie es die alttestamentlichen Propheten taten, um ihre Bevollmächtigung zu erweisen. Auch seine Einstellung zum Gesetz ist eigentümlich. Er legte es nicht nur aus, sondern erklärt es in seinem Kommen und in seiner Person als erfüllt7, so daß er nach Paulus des Gesetzes Ende8 ist. Er stellt die unerhörte Behauptung auf, er sei selbst mehr als der Tempel in Jerusalem9, mehr als die Mitte des Kultes. Und ebenso mehr als das Gesetz: Der Menschensohn ist Herr über den Sabbat10. Ja, er stellt sich auf dieselbe Ebene wie der Gott ihrer Väter, der zu den Propheten sprach, damit sie sein Wort im Namen des Herrn an das Volk weitergeben. Jetzt ist einer da, der im eigenen Namen spricht: Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt worden ist... Ich aber sage euch...11. Deine Sünden sind dir vergeben12, sagt er zu dem Gelähmten. Und alle wissen: Wer kann Sünden vergeben außer dem einen Gott?

Wieviele Fingerzeige, wieviele Anspielungen, wieviele Signale. Aber: »Warum sagt er nicht offen: >Ich bin es?< Warum geht er nicht mit, wenn sie ihn daraufhin ansprechen? Weil er weiß, daß er keinen Raum finden würde. Wohl warten sie auf den Messias, aber auf den eines irdischen Reiches. Das soll wohl ein religiöses Reich sein, eine Theokratie; aber Verewigung des Alten Bundes, nicht Einbruch des Neuen, Himmlischen. Jesus weiß, sobald er >Messias< sagt, wird er aus jenem Bilde heraus verstanden und in ein Gespinnst des Truges gezogen. Darum schweigt er und müht sich, erst die Herzen zur Umkehr zu bringen, damit sie für das Neue offen werden.«13 Erst als der Hohepriester, die höchste Autorität seines Volkesihn feierlich beschwört, die Wahrheit zu sagen - Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten? -, antwortet Jesus klar: Ich bin es. Und ihr werdet den Menschensohn zur Rechten der Macht s= 13 Erst als der Hohepriester, die höchste Autorität seines Volkes, ihn feierlich beschwört, die Wahrheit zu sagen - Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten? -, antwortet Jesus klar: Ich bin es. Und ihr werdet den Menschensohn zur Rechten der Macht itzen und mit den Wolken des Himmels kommen sehen.14 Das Wort vom Menschensohn ist ein Widerhall der messianischen Weissagung Daniels: Da kam mit den Wolken des Himmels einer wie ein Menschensohn15. Jesus wird daraufhin als Gotteslästerer verurteilt.

III. Ich und der Vater sind eins16, wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen17, und: mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.18 Worte des Herrn über seine Gottessohnschaft, die uns in die Mitte des Glaubens führen! Diese Mitte ist Christus selbst. Der christliche Glaube ist keine abstrakte Idee, sondern die innigste Beziehung zu einer Person, zum menschgewordenen Gottessohn. Er ist der Grund: Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus19. »Es gibt (im Christlichen) keine Lehre, kein Grundgefüge sittlicher Werte, keine religiöse Haltung und Lebensordnung, die von der Person Christi abgelöst und von denen dann gesagt werden könnte, sie seien das Christliche. Das Christliche ist er selbst; das, was durch ihn zum Menschen gelangt, und das Verhältnis, das der Mensch durch ihn zu Gott haben kann. Ein Lehrgehalt ist christlich, sofern er aus seinem Munde kommt. Das Dasein ist christlich, sofern seine Bewegung durch ihn bestimmt ist. In allem, was christlich sein will, muß er mitgegeben sein«20.

Der Glaube an Christus, wie ihn Petrus bei Cäsarea Philippi bekannt hat, wurde nach Ostern und Pfingsten zur gläubigen Gewißheit aller in der Nachfolge: der irdische Jesus, der Gekreuzigte und der Auferstandene, war und ist der einzige Sohn Gottes. In der frühen Kirche begann das Ringen um eine angemessene Formulierung dieses Glaubensgeheimnisses. Das Apostolische Glaubensbekenntnis, das das alte Taufbekenntnis der Kirche von Rom ist, lautet: Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde, und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel, sitzet zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters. Aus den beiden ersten Ökumenischen Konzilien ging das sogenannte Nizäno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis hervor: Jesus Christus ist Gottes eingeborener Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater, durch ihn wurde alles geschaffen21. Spätere Glaubensbekenntnisse werden - auf dem Hintergrund aufkommender Häresien - ausführlicher, so im sogenannten Athanasianischen Glaubensbekenntnis aus dem 6. Jahrhundert. Wir bekennen, »daß unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, Gott und Mensch ist. Gott ist er aus der Wesenheit des Vaters von Ewigkeit gezeugt, und Mensch ist er aus der Wesenheit der Mutter in der Zeit geboren. Vollkommener Gott, vollkommener Mensch, bestehend aus einer vernunftbegabten Seele und einem menschlichen Leibe. Dem Vater gleich der Gottheit nach, geringer als der Vater der Menschheit nach.«22

Diese dogmatischen Formulierungen sind wie die Hülle des Glaubens, Orientierungen im persönlichen Umgang mit jenem, der damals Mensch wurde und heute lebt und für immer bleibt: »Iesus Christus heri et hodie; ipse et in saecula (Hebr 13,8). Er bleibt derselbe gestern und heute und in Ewigkeit. Wie gerne denke ich daran! Derselbe Jesus Christus, der gestern für die Apostel und für alle, die ihn aufsuchten, Zeit hatte, lebt heute für uns und wird in Ewigkeit leben. Wir Menschen mit unseren ermüdeten und trüben Augen vermögen manchmal sein Antlitz nicht zu entdecken, auch wenn es immer gleich zeitlos gegenwärtig ist.«23 Irdische Gesinnung, Lauheit oder verborgener Stolz können die Frömmigkeit erkalten lassen. Dann verblaßt die Gestalt Jesu, der Erlöser und Befreier wird zu Last und Enge.

Schließen wir unsere Zeit des Gebetes, indem wir uns einen weiteren Zug der Gestalt Jesu vergegenwärtigen: die so selbstverständliche Art, in Vollmacht Menschen auf sich zu verpflichten, sie zur Umkehr zu rufen und von ihnen eine Lebensentscheidung zu verlangen: Folge mir nach!24 Maria möge uns von ihrem Sohn Treue in der Nachfolge erwirken und eine so feste Freundschaft mit ihm, daß glaubenserfüllt Verstand, Wille und Herz zusammengehen.

1 Mt 16,13-23. - 2 P. Berglar, Petrus - Vom Fischer zum Stellvertreter, München 1991, S. 19. - 3 L. Scheffczyk, Wer ist Christus? in: Plädoyer für die Kirche, Aachen 1991, S. 50. - 4 P. Berglar, a.a.O., S. 20. - 5 Johannes Paul II., Enz. Redemptor Hominis, 1. - 6 Römisches Meßbuch, Credo. - 7 vgl. Mt 5,17. - 8 vgl. Röm 10,4. - 9 vgl. Mt 12,6. - 10 vgl. Mk 2,28. - 11 vgl. Mt 5,21-48. - 12 Mt 9,2. - 13 R. Guardini, Der Herr, Würzburg 1951, S. 257. - 14 Mk 14,61-61. - 15 Dan 7,13. - 16 Joh 10,30. - 17 Joh 14,9. - 18 Mt 11,27. - 19 1 Kor 3,11. - 20 R. Guardini, Das Wesen des Christentums. Zitiert nach Scheffczyk, a.a.O. - 21 Römisches Meßbuch, Credo. - 22 Athanasianisches Glaubenbekenntnis. - 23 J. Escrivá, Freunde Gottes, 127. - 24 Mt 4,19; 9,9; 19,21.

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