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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

Jahreskreis
22. Woche - Samstag

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nazaret, kana, jerusalem

Der Glaube Marias.
Von Nazaret nach Kana.
Jerusalem: Das Kreuz.

I. Die Nähe zum Sonntag mag dazu beigetragen haben, von altersher den Samstag als einen besonders der Gottesmutter geweihten Tag anzusehen. Ein Wort der heutigen Lesung hilft uns, an diesem Samstag diese alte Gewohnheit aufzugreifen und in unserem Gebet auf Maria zu schauen. Das Wort, das den Korinthern galt, gilt auch uns: Was hast du, das du nicht empfangen hättest?1 Und die Konsequenz: Wenn du es aber empfangen hast, warum rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen? Maria war sich dessen wie kein anderes Geschöpf bewußt, und sie läßt es im Magnificat wunderbar zu Gebet werden: Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.2

Der Apostel will die Korinther mit der Wahrheit ihres Lebens und ihres Glaubens konfrontieren. Immer ist es so: »Wahrheit leuchtet nur auf, wenn der Mensch der Wirklichkeit jeweils so gegenübertritt, wie sie es selbst verlangt. Je höher das Wirkliche steht, desto größer ist die Anforderung, die es an den erkennenden Geist stellt; desto größer aber auch die Versuchung, sie auf die Ebene der tiefer stehenden Dinge herunterzuziehen, weil er es dann bequemer hat.3 Der homo faber, salopp gesprochen: der Macher unserer Zeit, neigt zu einer solchen Verkürzung von Wahrheit und Wirklichkeit, wenn er das autonome Selbst verherrlicht und sich damit jenseits von Hilferuf und Dankesschuld stellt.

Auch uns tut hin und wieder eine tiefere, eine betende Besinnung not, damit wir uns als die Niedrigen sehen, die Gott erhöht, und als die Hungernden, die er mit seinen Gaben beschenkt4. Wir schauen auf Maria, in der sich am vollkommensten die Wahrheit des Geschöpfes widerspiegelt. Der heilige Augustinus erklärt, ihre Seligkeit liege nicht so sehr im Empfangen selbst, als in der Art, wie sie empfing, nämlich in Glaube, Demut und Dankbarkeit: »Seliger ist Maria dadurch, daß sie den Glauben an Christus vollzog, als daß sie das Fleisch Christi empfing. Die mütterliche Nähe hätte ihr nichts genutzt, wenn sie nicht glücklicher Christus im Herzen als im Leibe getragen hätte.«5

Durch die Verkündigung wurde Maria »endgültig in das Geheimnis Christi eingeführt«6. Ihr Glaube eröffnet den Neuen Bund. Aber die Verkündigung war nicht nur der Höhepunkt ihres Glaubens an die göttlichen Verheißungen, sondern auch »der Ausgangspunkt, an dem ihr ganzer >Weg zu Gott<, ihr Glaubensweg insgesamt, beginnt«7. Sie wird Mutter des Erlösers - das ist das Geheimnis ihrer Berufung. Sie ist unsere Mutter - das ist Teil unserer Begnadung. Beides - schon prophetisch nach der Ursünde in der Verheißung an die Stammeltern angedeutet - verwirklichte sich in einem präzisen = 7. Sie wird Mutter des Erlösers - das ist das Geheimnis ihrer Berufung. Sie ist unsere Mutter - das ist Teil unserer Begnadung. Beides - schon prophetisch nach der Ursünde in der Verheißung an die Stammeltern angedeutet - verwirklichte sich in einem präzihistorischen Augenblick, den Paulus 8 nennt. In jenem Augenblick überantwortete sich Maria vollkommen Gott und brachte seinem Boten den 9 entgegen.

Maria ist uns der wegweisende Meeresstern. So grüßt sie die Kirche im liturgischen Hymnus 10 aus dem 9. Jahrhundert:

Meerstern sei gegrüßet, Gottes hohe Mutter, allzeit reine Jungfrau, selig Tor zum Himmel! Du nahmst an das AVE aus des Engels Munde. Wend den Namen EVA, bring uns Gottes Frieden. Zeige dich als Mutter, denn dich wird erhören, der auf sich genommen, hier dein Sohn zu werden (...). Gib ein lautres Leben, sicher uns geleite, daß wir einst in Freuden, Jesus mit dir schauen.

II. In dem Augenblick, da sich die Menschwerdung des Sohnes Gottes vollzog, entstand die erste christliche Berufung. Diese in der Abgeschiedenheit von Nazaret sich vollziehende Berufung Mariens entfaltete sich nach und nach im Licht des Glaubens. Hellhörig für Gottes heiligen Willen, gab sie ihrem Sohn liebevoll alles, was eine gute Mutter geben kann. Gerne wüßten wir mehr über die Empfindungen Marias in der Zeit der Erwartung ihres Sohnes. Alles muß ihr neu erschienen sein. Das Evangelium gewährt nur hier und da einen kurzen Blick in den Alltag derer, die in die Menschwerdung gleichsam hineingenommen waren - wie im Magnificat -, als wollte es andeuten, der Lichtstrahl der Verkündigung genüge, um die Jahre seines verborgenen Lebens zu erhellen.

Auch nachdem Jesus sein öffentliches Leben begonnen hat, bleibt Maria im Schatten - nur gelegentlich eine kurze Erwähnung wie bei der Hochzeit zu Kana11. Jesus hatte da schon die ersten Jünger um sich geschart. Haben sie seine Mutter bei dieser Gelegenheit kennengelernt? Die Stunde Jesu, die noch nicht gekommen war, brach durch ihre Vermittlung an. So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn. Die Mutter leitete den Anfang der Machtzeichen Jesu und des Glaubens seiner Jünger an ihn ein. Es war »ein erstes Aufleuchten der Wahrheit von der mütterlichen Sorge Marias«12.

»Maria ist Lehrmeisterin des Glaubens. Selig bist du, da du geglaubt hast! (Lk 1,45) Das ist der Gruß ihrer Base Elisabet, als Maria sie in dem Gebirgsdorf besucht. Wunderbar war der Akt des Glaubens, den Maria verrichtet hat: Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort (Lk 1,38). Als ihr Sohn geboren wird, bestaunt sie die Großtaten Gottes auf Erden: Engelchöre, Hirten und Große dieser Welt beten das Kind an. Aber danach muß die heilige Familie nach Ägypten fliehen, um den verbrecherischen Plänen des Herodes zu entgehen. Und dann kommt die Zeit des Schweigens: dreißig Jahre eines einfachen, gewöhnlichen Lebens, wie bei jeder anderen Familie in einem kleinen galliläischen Dorf.«13

Gebete, Lieder, Bilder, Äußerungen der Volksfrömmigkeit und der Kunst versuchen immer wieder die Innigkeit dieses Schweigens zu deuten. »In der Person Mariens und ihrer Erscheinung haben Maler, Bildhauer und Schreiber den Widerschein von Gnade und Sündelosigkeit nachzuformen gesucht. Denn es gibt Unschuld, wie es Schuld gibt. Und es existiert das Verlangen, der Unschuld zu huldigen. Vielleicht versteht sie der am besten, der sich selbst in der Verstrickung seiner Schwäche begriffen hat und der mit seinen Fehlern im Streit liegt.«14 Er mag besonders gut schlichte Stoßgebete wie »Maria mit dem Kinde lieb, uns allen deinen Segen gib« oder die Worte aus dem Salve Regina ermessen können: »Zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes« Es sind Gebete der Hoffnung und der Sehnsucht, Jesus nicht aus den Augen zu verlieren. Dies wird besonders beim Rosenkranz deutlich. Er ist wie eine große Bitte an Maria: Lehre uns heute, Jesus so zu sehen, wie du ihn damals sahst. Ob als Kind in der Kr»ppe, den im Tempel Wiedergefundenen oder in Getsemani Verlassenen und am Kreuz Leidenden - im Rosenkranz verbinden sich Schauen und Bitten, Glauben und Hoffen. Eines der strengsten und kraftvollsten Mariengebete - das älteste uns bekannte, überliefert auf einem alten Papyrusstück vom Ende des dritten Jahrhunderts - ist das Sub tuum praesidium. »In seiner Urform, die wie ein Aufschrei der Bedrängten zur >Mutter Gottes<, zur einzig >reinen< und >begnadeten Jungfrau< wirkt und wie ein Ruf um Befreiung aus >allen Gefahren< (vielleicht in schwerer Verfolgungszeit), kommt gleichsam etwas vom Urgestein einer kernhaften Marienverehrung zum Vorschein.«15 Neben das älteste Gebet stellen wir einen zeitgenössischeu Hilferuf an die Mutter der Barmherzigkeit:

»Alles möcht ich dir erzählen, alle Sorgen, die mich quälen, alle Zweifel, alle Fragen, möcht ich, Mutter, zu dir tragen. Wege, die ich selbst nicht kenne, liebe Namen, die ich nenne. Schuld, die ich mir aufgeladen, andern zugefügten Schaden. Ärgernis, so ich gegeben, all mein Wollen, all mein Streben, mein Beraten, mein Verwalten, mein Vergessen, mein Behalten. Mein Begehren, mein Verzichten und mein Schweigen und mein Richten. Alle kleinen Kleinigkeiten, die so oft mir Müh' bereiten, jedes Lassen, jede Tat, Mutter, dir, vom guten Rat, leg ich alles in die Hände, du führst es zum rechten Ende.«16

III. Was in Kana geschah, entsprang gewiß auch fraulicher Intuition, war aber keine privat-häusliche Szene, sondern als Anfang des messianischen Wirkens Christi von heilsgeschichtlicher Dimension. Eine andere Stelle desselben Evangeliums bestätigt »diese Mutterschaft in der Heilsordnung der Gnade an ihrem Höhepunkt, das heißt, als sich das Kreuzesopfer Christi, sein österliches Geheimnis, vollendet«17. Maria steht am ersten Opferaltar des Neuen Bundes. »Ihr werdet sie nicht beim Einzug in Jerusalem finden, noch - mit Ausnahme von Kana - zur Stunde der großen Wunder. Aber sie flieht nicht vor der Verachtung auf Golgota, sie steht da, >iuxta crucem Jesu<, unter dem Kreuz Jesu.«18 Dort erhält sie den Auftrag, für den mystischen Leib Christi zu sorgen: Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den jünger, den er liebte, sagte er Zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann sagte er zu dem jünger: Siehe, deine Mutter!19 Dies war die letzte Gabe des Herrn an uns vor seinem Hinscheiden am Kreuz: er gab uns seine Mutter zu unserer Mutter. Einige Kirchenväter haben dieses Geschehen »so gedeutet, daß Maria als Mutter Jesu hier das Heil von ihrem Sohne bei der Vollendung der Erlösung gleichsam nochmals annimmt und empfängt, und zwar in Ausweitung ihrer ersten Annahme bei der Verkündigung.«20 Maria trägt unter dem Kreuz das Opfer ihres Sohnes glaubend mit und hat so in einzigartiger Weise Anteil am Werk der Erlösung.

Sie lehrt uns, neben dem Kreuz auszuharren - denn auch wir haben unser Golgota. Und sie lehrt uns, das Erlösungswerk Christi anderen Menschen zuteil werden zu lassen. Maria »gab sich als Magd des Herrn ganz der Person und dem Werk ihres Sohnes hin und diente so unter ihm und mit ihm in der Gnade des allmächtigen Gottes dem Geheimnis der Erlösung«21. Origenes äußert im 3. Jahrhundert den mystischen Gedanken, daß Maria in jedem Christen Jesus sieht; denn der Herr habe nicht gesagt: Dieser ist auch dein Sohn, sondern Siehe, dein Sohn.

Dies ist die eine Seite des Geschehens zu Füßen des Kreuzes: Jesus hat uns seiner Mutter anvertraut. Die andere Seite ist: Jesus sagte zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. Dieses Aufnehmen der Mutter Christi ins eigene Leben ist ein selbstverständliches Merkmal der Christusnachfolge. Wir nehmen sie in unsere Mitte - wie damals in Erwartung des Heiligen Geistes - und entdecken dann, daß sie über uns wacht.

Der selige Josemaría Escrivá hat sich gern unter der Anrufung Turm der Stadt an sie gewandt, in Erinnerung an Unsere Liebe Frau im Heiligtum von Torreciudad zu Füßen der spanischen Pyrenäen. »Die Mutter Gottes sei für uns Turris civitatis, der Turm, der die Stadt bewacht; die Stadt, die ein jeder von uns ist, mit soviel Kommen und soviel Gehen in ihr, mit soviel Gedränge und soviel Ruhe, mit soviel Unordnung und soviel Ordnung, mit soviel Lärm und soviel Stille, mit soviel Kampf und soviel Frieden.«22

4,6b-15. - 1,46-48. - R. Guardini, Die letzten Dinge, Mainz 1969, S.62. - vgl. 1,52-53. - Augustinus, Über die Jungfräulichkeit. - Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater, 8. - ebd., 14. - 4,4. - vgl. 16,26. - Hymnus Ave Maris stella. - vgl. 2,1-12. - Johannes Paul II., a.a.O., 22. - J. Escrivá, Freunde Gottes, 284. - E. Kock, Du Grund unserer Freude, Limburg 1979, S.6. - L. Scheffczyk, Maria in der Verehrung der Kirche, Wien 1981, S.10. - Aus einer Wallfahrtskirche im Schwarzwald. - Johannes Paul II., a.a.O., 23. - J. Escrivá, , Nr.507. - 19, 26-27. - L. Scheffczyk, Maria im Glauben der Kirche, Wien 1980, S.57. - Karol Wojtyla, Zeichen des Widerspruchs, Zürich/Freiburg 1979, S.56. - vgl. S. Bernal, Aufzeichnungen über den Gründer des Opus Dei, Köln 1978, S. 343.

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