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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
16. SONNTAG (LESEJAHR C)

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GOTT ZU GAST

Gastfreundschaft.
Wie wir arbeiten sollen.
Einheit des Lebens.

I. Von einem geheimnisvollen Besuch vor Abrahams Zelt bei den Eichen von Mamre zur Zeit der Mittagshitze1 erfahren wir in der ersten Lesung des heutigen Sonntags. In jenen Tagen erschien der Herr Abraham, heißt es im heiligen Text. Der Patriarch sah vor sich drei Männer stehen, die er abwechselnd in der Einzahl und in der Mehrzahl ansprach: Mein Herr, wenn ich dein Wohlgefallen gefunden habe, geh doch an deinem Knecht nicht vorbei! Man wird etwas Wasser holen, dann könnt ihr euch die Füße waschen und euch unter dem Baum ausruhen. Auch Abrahams Verwandter Lot wird sich später so verhalten.2 Augustinus versucht den Wechsel in der Anrede und das Ineinander von göttlicher und menschlicher Erscheinung zu deuten, wenn er schreibt, »daß sowohl Abraham in den drei Männern wie auch Lot in den zweien den Herrn erkannten, zu welchem sie in der Einzahl redeten, auch als sie noch die drei für Menschen hielten; denn sie haben ihnen nur deshalb solche Aufnahme bereitet, um ihnen als sterblichen und der Erquickung nach Menschenart bedürftigen Wesen zu Diensten zu sein; es fand sich jedoch ohne Zweifel an den dreien etwas, wodurch sie, obwohl innerhalb des menschlichen Bereiches bleibend, so außerordentlich erschienen, daß ihre Gastgeber nicht zweifeln konnten, der Herr sei in ihnen, so etwa, wie er in Propheten zu sein pflegt; und so erklärt es sich, daß Abraham und Lot die Männer selbst einmal in der Mehrzahl und dann wieder den Herrn in ihnen in der Einzahl ansprachen.«3 Uns genügt - im Blick auf die spätere Erfüllung des göttlichen Heilsratschlußes durch die Menschwerdung der zweiten Person der Dreifaltigkeit - zu wissen: »= 3 Uns genügt - im Blick auf die spätere Erfüllung des göttlichen Heilsratschlußes durch die Menschwerdung der zweiten Person der Dreifaltigkeit - zu wissen: Diese wunderbare Gastfreundschaft von Mamre ist das Vorspiel zur Verkündigung des wahren Sohnes der Verheißung.«4

Dieser wahre Sohn der Verheißung ist im heutigen Evangelium ein Pilger, der - unterwegs nach Jerusalem - die Gastfreundschaft von Freunden in Anspruch nimmt. Lukas nennt den Namen des Dorfes nicht, aber durch Johannes wissen wir, daß es Betanien ist, die Heimat der Geschwister Marta, Maria und Lazarus, etwa drei Kilometer von Jerusalem am Osthang des Ölberges gelegen.5 Der Bericht des Evangelisten läßt durchblicken, daß der Herr sich in diesem Hause wohlfühlt und daß die Hausbewohner sich über sein Kommen freuen. Spontan erinnert uns Jesu Aufenthalt in Betanien an die reale eucharistische Gegenwart des Herrn unter uns im Tabernakel. Dort können wir mit ihm Umgang pflegen und bedenken, daß er der treueste Freund ist.

Aber »zunächst fällt uns eines auf: Unter den Geschwistern war doch ein Mann, Lazarus. Nach alter Sitte war er Haupt der Familie und Herr des Hauses; hier aber heißt es, >eine Frau mit Namen Marta nahm ihn in ihr Haus auf<. Wer also das Regiment führte, war sie. Ein sehr wackeres und warmherziges, sicher, aber immerhin war Marta es, die regierte. Lazarus hingegen muß ein nachdenklicher, nach innen gekehrter Mensch gewesen sein (...). Dann wird noch das dritte der Geschwister genannt: Maria. Auch sie hat der Schwester willig das Regiment überlassen. Wahrscheinlich ist sie jünger, jedenfalls von ruhiger, in sich gewendeter Art. Dafür spricht auch die Weise, wie sie sich beträgt: Als der Herr ins Haus kommt, und die Pflicht der Gastfreundschaft gebieten würde, alles für sein Wohlergehen zu tun, setzt sie sich zu seinen Füßen nieder und lauscht, so daß Martha eigentlich nicht Unrecht hat, über ihr Versäumnis ärgerlich zu sein.«6

Marta war ganz davon in Anspruch genommen, für ihn zu sorgen. Es muß viel Arbeit gewesen sein. In einem bestimmten Augenblick verliert sie den Überblick. Sie sieht sich dann um und merkt: Maria sitzt dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu.

Wir schauen auf die zwei Frauen im Dienste Jesu mit dem Wunsch, die Harmonie des christlichen Lebens tiefer zu entdecken: Christus dienen und auf Christus schauen, Christus zuhören und für ihn arbeiten.

II. Herr, kümmert es dich nicht, daß meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überläßt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!7 Jahrhundertelang hat man die beiden Schwestern als entgegengesetzte Modelle gesehen: Maria als Inbegriff der Kontemplation; Marta als Inbild des aktiven Lebens.

Diese Vereinfachung mag theoretisch hilfreich sein, es wäre aber gefährlich, sie ohne weiteres auf die Praxis des christlichen Lebens anzuwenden. Tätiges und kontemplatives Leben stehen sich nicht im Wege. Die meisten Christen führen mitten in der Welt ein aktives Leben. Es wäre jedoch fragwürdig anzunehmen, ihre Mühen - Familie, Geschäft, Studium usw. - hielten sie sozusagen von Gott fern; und umgekehrt wäre es fragwürdig, wenn das Gebet keine Spuren im weltlichen Tun hinterließe.

Die Scheidung in aktiv und kontemplativ führt zu einem verstümmelten Christentum. »Wir Christen führen kein Doppelleben: Unser Leben bildet eine Einheit, die all unser Tun trägt und durchdringt (...). Seien wir Menschen des Gebetes, die immer wieder mit dem Herrn Zwiesprache halten, indem wir vom ersten Gedanken des Tages bis zum letzten des Abends fortwährend unser Herz bei ihm haben.«8

Wie soll also unsere Arbeit sein? Nicht Ablenkung von Gott, sondern eine andere Art, dem Herrn zu begegnen: »Macht euch in dieser Stunde mit neuer Klarheit bewußt« rief der selige Josemaría Escrivá in einer Predigt Tausenden zu, »daß Gott euch aufruft, ihm gerade in den materiellen, weltlichen Aufgaben des menschlichen Lebens und aus ihnen heraus zu dienen. Im Labor, im Operationssaal eines Krankenhauses, in der Kaserne, auf dem Lehrstuhl einer Universität, in der Fabrik, in der Werkstatt, auf dem Acker, im Haushalt, in diesem ganzen unendlichen Feld der menschlichen Arbeit wartet Gott Tag für Tag auf uns. Seid davon überzeugt, jede noch so alltägliche Situation birgt etwas Heiliges, etwas Göttliches in sich, und euch ist aufgegeben, das zu entdecken. (...) Es gibt keinen anderen Weg. Entweder lernen wir, den Herrn in unserem alltäglichen Leben zu entdecken, oder wir werden ihn niemals finden. Es tut unserer Zeit not, der Materie und den ganz gewöhnlich erscheinenden Situationen ihren edlen, ursprünglichen Sinn zurückzugeben, sie in den Dienst des Reiches Gottes zu stellen und sie dadurch, daß sie zu einem Mittel und zur Gelegenheit unserer ständigen Begegnung mit Jesus Christus werden, zu vergeistigen.«9 Wir sind dann im Laufe des Tages, mitten in unseren Tätigkeiten beschaulich, kontemplativ. Alles, was wir tun, wird dichter, reicher und fruchtbarer.

III. Jesus antwortet auf die Klage der Marta mit einem zärtlichen Verweis: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden. Als wollte er sagen: Marta, es ist wunderbar, daß du dich um meinentwillen mit tausend Dingen beschäftigst, aber du bist dabei, das Ganze und dabei auch mich aus dem Auge zu verlieren. Und es ist, als sagte er uns: Wenn der Eifer zu Unrast wird, dann ist das ein Zeichen dafür, daß wir nicht mehr ihn, Christus, sondern nur noch uns selbst und tausend Dinge sonst sehen und suchen.

Nur eines ist notwendig. Die wachsende Freundschaft mit dem Herrn. »Unser Herz soll dieses einzige Ziel und Anliegen kennen (...). Alles andere, was es davon ablenkt - mag es auch noch so groß erscheinen -, gehört an die zweite, ja an die letzte Stelle, denn es schadet uns.«10 Der Leistungswille soll in eine Einheit des Lebens eingebettet sein. Wenn die Freundschaft mit dem Herrn - besonders durch feste Zeiten des Gebetes - gesichert bleibt, entdecken wir, daß die zahlreichen irdischen Tätigkeiten, die zu unserem Christsein i= 10 Der Leistungswille soll in eine Einheit des Lebens eingebettet sein. Wenn die Freundschaft mit dem Herrn - besonders durch feste Zeiten des Gebetes - gesichert bleibt, entdecken wir, daß die zahlreichen irdischen Tätigkeiten, die zu unserem Christsein n der Welt gehören, sich nicht verselbständigen.

Der Herr tadelt nicht die Arbeit der Marta, sie gilt ja ihm. Aber er macht sie auf die innere Geordnetheit aufmerksam, die verlorenzugehen droht. Marta fehlt in jenem Augenblick das Gespür für das Ganze.

Johannes Paul II. schreibt in Christifideles laici: »Bei der Entdeckung und der Verwirklichung der eigenen Berufung und Sendung müssen die Laien zu jener Einheit hingeführt werden, die ihrem Sein als Glieder der Kirche und als Bürger der menschlichen Gesellschaft entspricht. Sie können keine Parallelexistenz führen: auf der einen Seite ein sogenanntes >spirituelles< Leben mit seinen Werten und Forderungen und auf der anderen Seite das sogenannte >welthafte< Leben, das heißt das Familienleben, das Leben in der Arbeit, in den sozialen Beziehungen, im politischen Engagement und in der Kultur. Die Rebe, die im Weinstock Christi verwurzelt ist, trägt in allen Bereichen ihres Wirkens und Lebens Früchte. Alle verschiedenen Lebensbereiche des Laien sind im Plan Gottes inbegriffen. Er will, daß sie der >geschichtliche Ort< der Offenbarung und Verwirklichung der Liebe Jesu Christi zur Ehre des Vaters und im Dienst der Brüder und Schwestern werden. Jedes Tun, jede Situation, jede konkrete Verpflichtung - wie zum Beispiel die Kompetenz und die Solidarität der Arbeit, die Liebe und Hingabe in der Familie und in der Erziehung der Kinder, der soziale und politische Dienst, das Künden der Wahrheit auf dem Gebiet der Kultur - sind privilegierte Gelegenheiten für einen >ständigen Vollzug von Glaube, Hoffnung und Liebe< (II. Vat. Konzil, Dekret Apostolicam actuositatem).«11

Die Erfahrung lehrt uns, daß der gute Wille allein noch nicht reicht. Der Geist bedarf der Hilfe durch das Sinnenhafte: das Kreuz auf dem Arbeitstisch, ein blumengeschmücktes Marienbild in der Wohnung, ein Familienfoto auf dem Schreibtisch oder selbst ein ganz banaler Gegenstand - eine Streichholzschachtel - können unsere Aufmerksamkeit wachhalten. Manchmal fällt unser Blick aus dem Fenster vielleicht auf einen Kirchturm: »Von deinem Arbeitsplatz aus schickst du dein Herz hin und wieder zum Tabernakel und läßt es ganz schlicht sagen: Mein Jesus, ich liebe dich.

Hab keine Angst, ihn so zu nennen: >Mein Jesus<, und es oft zu wiederholen.«12

Nicht die vielen Beschäftigungen als solche sollen uns beunruhigen, sondern die Gefahr, in ihnen zu versinken. Die emsige Marta wird das Wort des Herrn beherzigt haben: Nur eines ist notwendig. Warum? Auch hier gibt uns Christus eine klare Antwort: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit; dann wird euch alles andere dazugegeben.13

Gott suchen, »wie der Steuermann nach dem Winde, wie der vom Sturm Bedrängte nach dem Hafen«14. Alles, was wir tun, soll von einer großen Sehnsucht nach Gott getragen sein.

1 Gen 18,1-5. - 2 vgl. Gen 19,2.18. - 3 Augustinus, Gottesstaat, 16,29. - 4 Katechismus der Katholischen Kirche, 2571. - 5 vgl. Joh 11,1-45; 12,1-9. - 6 R. Guardini, Der Herr, Würzburg 1951, S. 221. - 7 Lk 10,40. - 8 J. Escrivá, Christus begegnen, 126. - 9 Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 114. - 10 Johannes Cassianus, Unterredung mit den Vätern, I. - 11 Johannes Paul II., Apost. Schreiben Christifideles Laici, 30.12.88, 59. - 12 J. Escrivá, Im Feuer der Schmiede, Nr. 746. - 13 Mt 6,33. - 14 Ignatius von Antiochien, Brief an Polykarp, 2.

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