Jahreskreis
20. Sonntag (Lesejahr C)
12
im feuer
Ein
anregendes Bild.
Das Herz Jesu.
Eine Wolke von Zeugen.
I. Es
gibt Worte des Herrn, die aufhorchen lassen, weil sie nicht zu den Vorstellungen
passen wollen, die man sich von ihm macht. Das Wort:
Ich bin gekommen, um Feuer auf die
Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen1,
gehört dazu. Ein feuriges Herz haben, Feuer und Flamme sein, Feuer fangen... Wir
wissen gut, was damit gemeint ist. Christus - mild und demütig von Herzen -
kennt die Leidenschaft, ein verzehrendes Drängen - das Feuer.
Wir
wollen versuchen, in dieser Zeit des Gebetes dieses Bild vom Feuer zu
betrachten. Bitten wir den Heiligen Geist, er möge uns jene tiefere Einsicht
schenken, die jenseits der Sprachbilder im Geheimnis Gottes selbst liegt:
Veni, Sancte
Spiritus... Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen, und
entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe.
Warum ist
das Bild vom Feuer so anregend? Feuer ist ein geheimnisvolles Element -
angesiedelt zwischen Geist und Materie, selbst nicht greifbar und doch alles
ergreifend, reinigend oder verzehrend in seiner Wirkung, mit Licht und mit
Asche, mit Wärme und mit Zerstörung, mit Läuterung und mit Verderben verwandt.
Gott
offenbart sich »in seiner entgegenkommenden Güte zu den Menschen in menschlichen
Worten«3 und mit Hilfe von Bildern, die uns aus der Erfahrung vertraut sind. Es
scheint, daß in der Sprache der Heiligen Schrift kein Wort und kein Bild besser
geeignet ist, Gottes Wirken auszudrücken, als das Bild vom Feuer. Zeichen und
Hinweis des sich offenbarenden Gottes sind: die
lodernde Fackel, die
Abrahams Opfer verzehrt3,
die Flamme, die
aus einem Dornbusch emporschlug, der brannte und doch nicht verbrannte4,
der Rauch, der den Berg Sinai einhüllte,
denn der Herr war im Feuer auf ihn
herabgestiegen5.
Feuer begleitet auch die Berufung einiger Propheten. Ezechiel sieht
eine große Wolke
mit flackerndem Feuer, umgeben von einem hellen Schein6,
Jesaja7
sieht die Seraphim - die
Brennenden, die
Entbrannten
- vor Gottes Thron und erkennt sich als
ein Mann mit unreinen Lippen.
Ein Seraphim
trug in seiner Hand eine glühende Kohle (...). Er berührte damit meinen Mund.
Jeremias' Schicksal als Prophet steht im Zeichen des Feuers:
Du hast mich
gepackt und überwältigt (...). Sagte ich aber: Ich will nicht mehr an ihn denken
und nicht mehr in seinem Namen sprechen!, so war es mir, als brenne in meinem
Herzen ein Feuer, eingeschlossen in meinem Innern.8
Besonders Elija9
ist ein Prophet
wie Feuer, mit Worten
wie ein brennender Ofen
und bereit für
die Endzeit, um den Zorn zu beschwichtigen, bevor er entbrennt.
Aber gerade er erfährt, daß es ein noch verblüffenderes Bild Gottes gibt als das
Feuer; denn am Berg Horeb ging Gott an ihm vorüber weder im
Sturm, noch im
Erdbeben,
noch im Feuer.
Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er
sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der
Höhle.
Mein
Sohn, wenn du dem Herrn dienen willst, dann mach dich auf Prüfung gefaßt! (...)
Denn im Feuer wird das Gold geprüft, und jeder, der Gott gefällt, im Schmelzofen
der Bedrängnis!
Feuer ist Reinigung und Erneuerung, Gericht und Strafe, aber auch Zuwendung,
Begeisterung, Heil und deshalb auch ein Bild der Liebe:
Ihre Gluten sind Feuergluten,
gewaltige Flammen. Auch mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen; auch
Ströme schwemmen sie nicht weg.12
II.
Wie froh wäre
ich, es würde schon brennen! Der Herr möchte die Seinen schon
jetzt ganz von seinem Feuer ergriffen sehen, aber er weiß auch, daß dies ein
Geschenk des Geistes sein wird - und der Geist ein Geschenk des Kreuzes:
Ich muß mit
einer Taufe getauft werden, in Leid und Tod hinabtauchen. »Er ist
sich dessen bewußt, daß über seinem Haupt eine Verpflichtung schwebt
entsprechend dem ewigen Plan des Vaters (vgl.
Mk 8,31), lange bevor
die geschichtlichen Gegebenheiten zur Erfüllung dessen führen, was
vorausbestimmt war.= 13 Sein Empfinden - ist er doch Mensch - schreckt vor der
kommenden Bedrängnis zurück: ich bin sehr bedrückt, solange sie - die Taufe im
Leiden - noch nicht vollzogen ist.Als Jesus am Kreuze hing, bewahrheitete sich
das Wort von der Freundschaft, das er in seiner Abschiedsstunde sprach:
Es gibt keine
größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.14
Seine Freunde - das sind wir alle, jeder einzelne Mensch im Laufe der
Weltgeschichte. Mich dürstet!15
ist ein Ruf nach jedem von uns. »Der Durst auf den Lippen des sterbenden
Christus am Kreuz drückt zum letzten Mal die Sehnsucht nach der Taufe aus, die
er empfangen, und nach dem Feuer, das er auf der Erde entzünden muß.«16
Jesus hat
das Feuer der Liebe Gottes in uns entzündet und uns den Namen des Vaters
geoffenbart. Wie
mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner
Liebe!17
Dies ist seine Verheißung, sein Auftrag und auch seine Bitte an uns: daß wir dem
Geschenk seiner Liebe treu bleiben. Ein Kirchenvater versucht, das Wirken des
Geistes mit einem Beispiel zu erklären: »Wenn das Feuer die schwere Masse des
Eisens durchdringt und es ganz zu Feuer macht und so das Kalte heiß und das
Schwarze leuchtend wird, wenn also das Feuer, das selbst ein Körper ist, in das
Innere des Eisens eindringt und so ungehindert wirkt, was wunderst du dich da,
wenn der Heilige Geist in das Innerste der Seele dringt?«18
Unsere
Sehnsucht nach Gott ist die Antwort auf die Sehnsucht Jesu nach uns. Der
Psalmist betet:
Sucht sein Antlitz allezeit!19
Seit der Menschwerdung heißt dies: Such das Antlitz Christi! Er ist der Weg zum
Vater! Und such ihn unablässig, ohne müde zu werden, ihn zu suchen. Der heilige
Bernhard meint, »daß das Suchen nicht aufhören wird, wenn wir Gott gefunden
haben. Nicht mit den Schritten der Füße wird Gott gesucht, sondern mit Schritten
der Sehnsucht. Und das glückliche Finden vertreibt die Sehnsucht nicht, sondern
steigert sie. Ist die Vollendung der Freude denn die Aufzehrung der Sehnsucht?
Nein, die Vollendung der Freude ist Öl für die Sehnsucht: denn die Sehnsucht ist
eine Flamme. Ja, so ist es. Das Maß der Fröhlichkeit wird voll gemacht, aber die
Sehnsucht endet nicht und darum auch das Suchen nicht.«20
Wenden
wir uns dem Herzen Jesu zu. »Dieses göttliche Herz ist der Abgrund alles Guten,
in dem die Armen all ihre Not untertauchen sollen. Es ist ein Abgrund der
Freude, in den wir all unsere Traurigkeit versenken sollen, ein Abgrund der
Demut gegen unser Unvermögen, ein Abgrund des Erbarmens für alle Unglücklichen,
ein Abgrund der Liebe, in dem unsere ganze Armut untergehen soll.«21 Als in den
siebziger Jahren des 17. Jahrhunderts die heilige Margareta Maria Alacoque diese
Worte schrieb und in Visionen den Auftrag erhielt, die Verehrung des heiligsten
Herzens Jesu zu verbreiten, war das christliche Leben bedroht:
»Der
unter dem Zeichen des Herzens sich vollziehenden Schau der Barmherzigkeit und
der Liebe Gottes in Christus Jesus war eine providentielle Aufgabe beschieden.
In der katholischen Frömmigkeit herrschte weithin der Jansenismus, der im
wesentlichen auf der unnahbaren Gerechtigkeit aufbaute. Sein Einfluß war
unermeßlich. Die Herz-Jesu-Frömmigkeit hat diesen Jansenismus überwunden. Auch
der in der Kirche stark gewordene Rationalismus wurde durch die
Herz-Jesu-Verehrung und ihre reichen Gemütswerte unsicher gemacht.«22
Die
Anrufungen der Herz-Jesu-Litanei können uns zum kontemplativen Gebet hinführen:
Feuerherd der
Liebe, Wohnstatt der Gerechtigkeit und Liebe, König und Mitte aller Herzen,
geduldig und voll Erbarmen, Quell des Lebens und der Heiligkeit, Sühne für
unsere Sünden, mit Schmach gesättigt, wegen unserer Missetaten zerschlagen, bis
zum Tode gehorsam, Quelle allen Trostes, Rettung aller, die auf dich hoffen,
Hoffnung aller, die in dir sterben...
III.
Da uns eine
solche Wolke von Glaubenszeugen umgibt...23
Wer sind diese Zeugen? Ein erster Blick richtet sich auf die Urväter und
Patriarchen des Alten Testaments, die sich als
Fremde und Gäste auf Erden
bekannt und Gottes Verheißung der
Stadt mit den festen Grundmauern nur
von fern geschaut und gegrüßt24
haben. Dann sehen wir »die verherrlichten Glieder der Kirche, unsere Brüder und
Schwestern, die schon zur Vollendung gelangt sind«25. Was bezeugen sie uns? In
der Heiligenpräfation beten wir zu Gott: »Die Schar der Heiligen verkündet deine
Größe (...). Du schenkst uns in ihrem Leben ein Vorbild, auf ihre Fürsprache
gewährst du uns Schutz und Hilfe und gibst uns in ihrer Gemeinschaft das
verheißene Erbe. Ihr Zeugnis verleiht uns die Kraft, im Kampf gegen das Böse zu
siegen und mit ihnen die Krone der Herrlichkeit zu empfangen.«26
Die
Heiligen bezeugen uns, daß unsere Werke verdienstlich sein können, »denn in der
Krönung ihrer Verdienste krönst du das Werk deiner Gnade«27. Auf ihr Beispiel
gestützt, können wir mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen
ist, und alle Last und Fesseln der Sünde abwerfen, »denn in der menschlichen
Schwachheit bringst du deine göttliche Kraft zur Vollendung«28. Welch
tröstliches Geschenk sind die Heiligen! »Als sichtbare Gemeinschaft und als
äußeres Zeichen der in ihr wirkenden Gnade Christi bedarf die Kirche auch
sichtbar erhobener personaler Zeichen, in denen ihre innere Heiligkeit bekundet
und verbürgt wird, sei es zum Vorbild für das Streben nach Heiligung aller ihrer
Glieder, sei es zum Zwecke einer wechselseitigen Beziehung zwischen der
pilgernden und der in Christi Kraft triumphierenden Kirche, sei es auch zur
Verehrung der Vollendeten, die uns Brüder und Schwestern bleiben und uns auf
unserem Weg zum Ziel von Gott her Gnade erflehen.«29
Heute
sind vielleicht mehr denn je Zeugen des Glaubens, der Nachfolge Christi, der
Liebe zu den Menschen nötig: »Herolde des Evangeliums (...), die Experten im
Umgang mit den Menschen sind, die das Herz des heutigen Menschen gründlich
kennen, seine Freuden und Hoffnungen, Ängste und Sorgen teilen und zugleich
beschauliche Freunde Gottes sein wollen.= 30 Wir denken an viele, die im
gewöhnlichen Alltag ihr Glaubenszeugnis leben oder gelebt haben und uns teuer
sind, weil sie - Eltern, Großeltern, Lehrer - uns Wege des Glaubens gewiesen
haben. Besonders denken wir an das Zeugnis der Märtyrer. Ihre mit dem Tod
bezeugte Treue zum heiligen Gesetz Gottes ist feierliches Zeugnis und
missionarischer Einsatz
usque ad sanguinem, auf
daß nicht der Glanz der sittlichen Wahrheit in den Gewohnheiten und Denkweisen
der Menschen und der Gesellschaft um seine Leuchtkraft gebracht werde.(...) Die
Märtyrer und, im weiteren Sinne, alle Heiligen der Kirche erleuchten durch das
beredte und faszinierende Beispiel eines ganz von dem Glanz der sittlichen
Wahrheit umgeformten Lebens jede Epoche der Geschichte durch das Wiederbeleben
des sittlichen Empfindens. Durch ihr hervorragendes Zeugnis für das Gute sind
sie ein lebendiger Vorwurf für all jene, die das Gesetz überschreiten (vgl.
Weish
2,12).«30 Heute, da viele meinen, Kompromisse mit den grundlegenden Wahrheiten
des Glaubens und der Moral schließen zu können, mahnt uns der Hebräerbrief. Ihr
habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet.
Am Anfang
unserer Meditation stand das Wort des Herrn vom Feuer. Die Heiligen haben in
diesem Feuer gelebt, sie haben es - jeder auf seine Art - weitergegeben. Wie
steht es mit unserer Entschlossenheit, Brennpunkte des Glaubens zu sein? »Die
Welt hallt noch wider von dem göttlichen Ruf: >Feuer auf die Erde zu werfen bin
ich gekommen und wie wünschte ich, daß es schon brenne.< - Und du siehst doch:
fast überall ist es erloschen...
Willst du
dich nicht aufmachen, den Brand überall auszubreiten?«32
12,49-53. -
Katechismus der Katholischen Kirche,
101. -
15,17. -
3,2. -
19,18. -
1,4. -
6,1-7. -
20,7-9. -
48,1.10. -
19,12-13. -
2,1.5. -
8,6-7. -
Johannes Paul II.,
,
5.10.1988. -
15,13. -
19,28. -
Johannes Paul II,
,
30.11.1988. -
15,9. -
Cyrill von Jerusalem,
Katechesen,
17,14. -
105,4. -
Bernhard von Clairvaux,
Predigten
über das Hohelied,
84,1. -
Margareta Maria Alacoque,
Brief
über die Bedeutung des göttlichen Herzens.
-
Th.
Schnitzler,
Die
Heiligen im Jahr des Herrn,
Freiburg 1978, S.182. -
12,1-4. -
vgl.
11,10-13. -
Präfation
von Allerheiligen.
-
Präfation
von den Heiligen I.
-
ebd. -
Präfation
von den Märtyrern.
-
L. Scheffczyk,
Maria in
der Verehrung der Kirche,
Wien 1981, S.9. -
Johannes Paul II.,
,
11.10.1985. -
Johannes Paul II., Enz.
Veritatis
splendor,
93. -
J. Escrivá,
,
Nr.801.