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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
18. WOCHE - FREITAG

53

DIE LIEBE UND DAS KREUZ

Von der Freundschaft zur Hingabe.
Warum leiden?
Im Kreuz gegründet.

I. Anhänglich und gelehrig folgen die Jünger ihrem Herrn auf den Wegen Palästinas. Er hat sie gerufen, sie haben alles verlassen und teilen jetzt mit ihm jede Freude und jede Mühsal, Entbehrungen und Müdigkeit... und manchmal auch die Anwürfe der Gegner. Jesus ist ihr Meister und Freund. Vielleicht war es ein Maßstab für ihre Auserwählung: nämlich daß sie bereit waren, zu lernen und sich ganz auf ihn einzulassen. Denn »Jesus hat nur zwei oder drei Jahre öffentlich gewirkt. Und er wußte, wieviel Zeit ihm gegeben war, er kannte den Weg nach Golgota und auch dessen Dauer. Die er sich als seine engsten Gefährten erkor, als die zwölf Apostel, auf denen einst die Kirche ruhen sollte, die durften keine Zauderer sein, keine schwierigen, komplizierten Naturen, die erst einmal Jahre benötigten, ehe sie sich zur Hingabe und Nachfolge entschlossen - oder auch nicht. Nein, es mußten Menschen sein von Einfachheit, Geradlinigkeit, Vertrauensfähigkeit, nicht intellektuell und emotional um sich selbst kreisend, sie mußten von einer selbstverständlichen, unbewußten Demut sein, in gewisser Weise richtige >Kinderherzen<.«1 Sie mußten offen und empfänglich sein, damit die Nähe zu Jesus sie immer tiefer prägte. Der Herr steigert nach und nach seine Erwartungen an sie. Am Anfang stand die Loslösung von Haus, Familie und Besitz; dann - wir hören es im heutigen Evangelium, - et= 1 Sie mußten offen und empfänglich sein, damit die Nähe zu Jesus sie immer tiefer prägte. Der Herr steigert nach und nach seine Erwartungen an sie. Am Anfang stand die Loslösung von Haus, Familie und Besitz; dann - wir hören es im heutigen Evangelium2 - ewas viel Tieferes: Sie sollen nicht nur loslassen, sondern ergreifen - das Kreuz ergreifen: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.

Sich verleugnen... Das heißt, nicht mehr um sich selbst kreisen, sondern Raum schaffen, damit Christus die Mitte sei und Denken und Planen, Erleiden und Genießen auf ihn ausgerichtet seien. »Hier rühren wir an das schwerste Geheimnis des Christseins. Christentum und Kreuz sind voneinander nicht zu lösen. Seitdem Christus den Weg zum Kreuz hat gehen müssen, steht das Kreuz auf dem Wege eines jeden, der Christ sein will; für jeden als >sein< Kreuz. Die Natur lehnt sich dagegen auf. Sie will sich >behalten<. Sie will da nicht hindurchgehen. Jesus aber sagt, und es ist das Grundgesetz des Christentums: Wer sich, sein Leben, seine Seele festhält, der wird sie verlieren. Wer sich hineingibt in das Kreuz, so wie es hier und jeweils für ihn aufgerichtet ist, der wird sie finden - und dann unverlierbar, als das ewige Selbst, das an Christus teil hat.«3

Jesu Leiden am Kreuz ist der höchste Ausdruck seiner Hingabe an den Willen des Vaters. Die geringfügigste Handlung seines Lebens war unendlich verdienstvoll und hätte die Kraft gehabt, allen Menschen die Erlösung und das ewige Leben zu erwirken. Aber er hat die Schrecken der Passion erleiden wollen. Warum? Weil er in die tiefsten Niederungen unseres Menschseins - in Krankheit, Verlassenheit, Undank, Verachtung, Spott und Tod - hinabsteigen wollte.

Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab.4 Den Herrn drängte es, uns seine unermeßliche Liebe zu zeigen: Ich muß mit einer Taufe getauft werden, und ich bin sehr bedrückt, solange sie noch nicht vollzogen ist.5 Wenn wir dem Herrn nicht bloß aus der Ferne, sondern ganz nah und dichtauf folgen und uns von ihm ergreifen lassen wollen, dann müssen wir bereit sein, das Ja zum Kreuz so zu sprechen wie Christus - nicht ohne Angst, doch ohne zu zögern: Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.6

»Dem Kreuz nahe sein heißt in der Freude sein, heißt bei dir sein, Herr!«7

II. »Warum leiden? Warum leiden müssen, wenn alles nach Glück und Schaffen ruft? Warum sterben? Warum weg müssen, wenn das Leben noch nicht gelebt ist? Warum hergeben müssen, was so teuer ist? - Da wird alle Menschenweisheit zu Schanden.«8 Das Leiden, eigenes wie fremdes, bleibt immer ein Rätsel.

Wenn die Existenz der Welt gleichsam den Blick der menschlichen Seele für die Existenz Gottes öffnet, für seine Weisheit, Macht und Herrlichkeit, so scheinen Übel und Leiden dieses Bild zu verdunkeln, zuweilen in radikaler Weise, und dies vor allem im täglichen Drama so vieler schuldloser Leiden und so vieler Schuld, die keine angemessene Strafe findet.«9

Der Mensch darf die Frage nach dem Sinn des Leidens an Gott richten »mit aller Leidenschaft seines Herzens und aller Betroffenheit seines beunruhigten Verstandes. (...) Im Buch Ijob hat die Frage ihren lebendigsten Ausdruck gefunden.

Die Geschichte dieses gerechten Menschen ist bekannt: Ohne eigene Schuld wird er von unzähligen Leiden heimgesucht. Er verliert sein Hab und Gut, seine Söhne und Töchter, und zuletzt befällt ihn selbst eine schwere Krankheit. In dieser furchtbaren Lage erscheinen in seinem Hause die drei alten Freunde, die ihn - jeder mit anderen Worten - davon zu überzeugen suchen, daß er irgendeine schwere Schuld begangen haben müsse, da er von so vielfältigem und schrecklichem Leiden heimgesucht worden ist. Das Leiden, so sagen sie, befalle den Menschen ja immer als Strafe für ein Vergehen; es werde von Gott, dem absolut gerechten, geschickt und finde seine Begründung in der Ordnung der Gerechtigkeit.«10 Das klingt ganz plausibel. Doch Ijob wehrt sich gegen eine solche Logik, weil sein Herz ihm sagt, daß er eine solche Bestrafung nicht verdient hat. Anders als die drei Freunde, die, unbehelligt, gut reden haben, leidet Ijob am eigenen Leib - an seinen H= 10 Das klingt ganz plausibel. Doch Ijob wehrt sich gegen eine solche Logik, weil sein Herz ihm sagt, daß er eine solche Bestrafung nicht verdient hat. Anders als die drei Freunde, die, unbehelligt, gut reden haben, leidet Ijob am eigenen Leib - an seinen eimsuchungen und an Gott, den er nicht begreift. Doch sein Glaube bleibt unangefochten, sein Hadern mit Gott ist Ausdruck seines Glaubens in der Dunkelheit. Und Gott ergreift Partei für Ijob, er tadelt jene, die - um eine Erklärung bemüht - zu seinen Anklägern werden. Ijobs Leiden ist das Leiden eines Unschuldigen; es ist also nicht wahr, daß jedes Leiden Folge von Schuld ist. Das Warum indes bleibt ein Geheimnis, in Gott verborgen und dem Verstand nicht zugänglich.

Ein Lichtspalt in der Frage warum leiden öffnet sich mit der Menschwerdung: Jesus erfährt die Not des Ijob mit einer für einen Menschen ohne jeden Makel unglaublichen Intensität. Und zugleich zeigt er den Ausweg aus dieser Not: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.11 »Die Gottverlassenheit in ihrer ganzen Tiefe war ihm ausschließlich vorbehalten und konnte von ihm nur gelitten werden, weil er Gott und Mensch zugleich war, als Gott konnte er nicht leiden, als reiner Mensch hätte er das Gut, dessen er sich beraubte, nicht fassen können. So ist die Menschwerdung Bedingung dieses Leidens, die menschliche Natur als leidensfähige und wirklich leidende Werkzeug der Erlösung.«12

Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.13 Hier tritt die Frage nach dem Leiden in eine neue Dimension ein. »Es ist eine andere Dimension als jene, die die Suche nach der Bedeutung des Leidens in den Grenzen der Gerechtigkeit bestimmte und sie darin gleichsam einschloß. Es ist die Dimension der Erlösung. (...) Der Mensch >stirbt<, wenn er >das ewige Leben verliert<. Das Gegenteil des Heils ist also nicht das bloß zeitliche Leiden, ein Leiden welcher Art auch immer, sondern das endgültige Leiden: der Verlust des ewigen Lebens, die Zurückweisung durch Gott, die Verdammnis. Der eingeborene Sohn ist der Menschheit geschenkt worden, um den Menschen vor allem vor diesem endgültigen Übel und vor dem endgültigen Leiden zu bewahren. Er muß daher in seiner Heilssendung das Übel an den transzendentalen Wurzeln fassen, von denen her es sich in der Geschichte des Menschen entfaltet. Diese transzendentalen Wurzeln des Übels werden greifbar in Sünde und Tod: Sie liegen ja dem Verlust des ewigen Lebens zugrunde. Die Sendung des eingeborenen Sohnes besteht im Sieg über Sünde und Tod. Er besiegt die Sünde durch seinen Gehorsam bis zum Tode, und er besiegt den Tod durch seine Auferstehung.«14

III. Kein schweres Leid läßt sich »verstehen« Nur der Blick auf den gekreuzigten Christus trägt. Denn »kein Menschenherz ist je in eine so dunkle Nacht eingegangen wie der Gottmensch in Getsemani und auf Golgota. In das unergründliche Geheimnis der Gottverlassenheit des sterbenden Gottmenschen vermag kein forschender Menschengeist einzudringen. Aber Jesus kann auserwählten Seelen etwas von dieser äußersten Bitterkeit zu kosten geben. Es sind seine treuesten Freunde, denen er es als letzte Probe ihrer Liebe zumutet.«15

Große Heimsuchungen als Proben auf die Liebe sind nicht alltäglich. Alltäglich indes sind die kleinen Beschwernisse. Auch sie kann man wie ein wertvolles Juwel Gott darbringen. Und wir erhalten durch sie Anteil am Opfer Christi.

Das Aufopfern läßt Schmerz und Leid nicht verschwinden. Doch im Kreuz verankert, stellt sich Kraft in der Schwachheit ein, eine Kraft, die »geliehen= zu sein scheint: sie kommt nicht aus uns, sondern aus Christus, unserem Erlöser. Auch dort, wo eine Erschütterung bis an die Wurzeln der Existenz reicht - etwa wenn wir einen geliebten Menschen verlieren -, erfährt der Glaubende, daß er nicht ins Bodenloe versinkt, sondern Halt findet in der Tiefe - im Kreuz Christi. Deshalb kann man sagen, daß das Kreuz, das mit Christus getragen wird, die Seele mit Frieden inmitten der Not erfüllt. Das bezeugen viele Heilige.

Wir sahen, wie der Herr die Apostel formte. Nach der Auferstehung konnte er zu Petrus sagen: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.16 Franz von Sales schreibt hierzu: »Die jungen Lehrlinge der Gottesliebe legen sich selbst den Gürtel um: sie nehmen Abtötungen auf sich nach eigener Wahl, sie wählen ihre Buße aus, ihre Verzichte, ihre Übungen der Frömmigkeit und folgen im Rahmen des göttlichen Wirkens ihrem eigenen Willen. Doch die alten Meister dieses Berufs lassen sich von jemand anderem binden und gürten, sie unterwerfen sich dem Joch, das man ihnen auferlegt, und gehen Wege, die sie ihrer eigenen Neigung nach nicht gehen würden.«17

Jeden Tag bieten sich uns Gelegenheiten, dorthin geführt zu werden, wo wir - unserer Neigung, unserer Bequemlichkeit folgend - nicht hingehen möchten. Und wie reagieren wir auf die kleinen, alltäglichen Widrigkeiten? Wenn uns die Ungeduld packt, wenn eine Arbeit sich in die Länge zieht? Auf das Widerstreben, eine angenehme zugunsten einer lästigen, aber wichtigen Arbeit zurückzustellen; auf manche Unarten im familiären oder beruflichen Miteinander; auf geistige Schwerfälligkeit; auf Hitze, Kälte oder Verkehrsstau; auf Trockenheit im Gebet? Oft nur Kleinigkeiten, aber echte Abtötungen!

Worum sollen wir den Herrn am Ende dieser Zeit des Gebetes bitten? »Laß mich, Herr, das Kreuz alleine tragen. - Nein, was sage ich... Deine Gnade, deine Hilfe werde ich brauchen wie für alles. Sei du mir Simon von Zyrene! Dann, mein Gott, fürchte ich keine Prüfung. (...) Kein Leid ist für mich wirkliches Leid, solange ich nur dich nicht verliere.«18

1 P. Berglar, Petrus - Vom Fischer zum Stellvertreter, München 1991, S. 42. - 2 Mt 16,24-28. - 3 R. Guardini, Der Herr, Würzburg 1951, S. 343. - 4 Joh 3,16. - 5 Lk 12,50. - 6 Joh 15,13. - 7 J. Escrivá, Im Feuer der Schmiede, Nr. 766. - 8 R. Guardini, Der Kreuzweg unseres Herrn und Heilandes, Mainz 1967, 13. Station. - 9 Johannes Paul II., Apost. Schreiben Salvifici doloris, 11.2.1984, 9. - 10 ebd., 10. - 11 Lk 23,46. - 12 Edith Stein, Im verschlossenen Garten der Seele, Freiburg 1987, S. 75. - 13 Joh 3,16. - 14 Johannes Paul II., a.a.O., 14. - 15 Edith Stein, a.a.O., S. 74. - 16 Joh 21,18. - 17 Franz von Sales, Feuer und Tau, Freiburg 1986, S. 110. - 18 J. Escrivá, Im Feuer der Schmiede, Nr. 252-253.

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